Treffen einer Bildauswahl im Team - Symbolbild für visuelle Kommunikation, Bildsprache und die Macht der Bilderistock

Visuelle Kommunikation: die Macht der Bilder – Teil II

Lesedauer: 7 Minuten

Inhaltsverzeichnis

Ging es im ersten Teil zu diesem Thema um die theoretischen Grundlagen visueller Kommunikation, sollen in diesem Teil auch praktische Aspekte besprochen werden. Zunächst sei aber noch kurz geklärt, wie Bildinformationen von uns aufgenommen werden und was Präsenzsignale sind.

Die Wahrnehmung von Bildinformationen

Die Frage nach der Wahrnehmung und Verarbeitung von Bildinformationen ist natürlich nicht erst im digitalen Zeitalter relevant geworden. Allerdings haben wir inzwischen mit einer visuellen „Informationsflut“ zu kämpfen, die es in dieser Intensität vorher nicht gab. Damit eine Botschaft überhaupt beim Empfänger ankommen kann, muss sie sich in der Regel erst gegen konkurrierende Bildinformationen durchsetzen. Mit anderen Worten, ohne eine gewisse Auffälligkeit ist es fast unmöglich, dass ein werbliches Bild überhaupt wahrgenommen wird.

Hier schließt sich die Frage an, ob die menschliche Fähigkeit, die Umwelt geordnet wahrzunehmen, angeboren ist oder ob diese erst erlernt werden muss. Es wird jedenfalls vermutet, dass bei der Wahrnehmung eines Bildes nicht allein die von außen einwirkenden Eindrücke relevant sind, sondern dass das Gehirn durch Anwendung eigener Ordnungsprinzipien die Sinneseindrücke ergänzt und so ein finales inneres Bild erzeugt wird. Gleichzeitig ist es so, dass immer nur ein kleiner Teil der über das Sehfeld aufgenommen Informationen im Bewusstsein erscheint. Das gilt auch für die anderen Sinne. Stets sind Filter vorgeschaltet, die genau die Informationen extrahieren sollen, die wir entweder durch Erfahrung (Lernen) für relevant halten oder deren Relevanz uns evolutionsbiologisch einprogrammiert wurde. Auch wenn es eine Binsenweisheit ist: Je nach Interesse, Aktivität, Aufmerksamkeit oder Stimmung wird dieselbe Umgebung von derselben Person ganz unterschiedlich wahrgenommen.

Präsenzsignale nutzen

Mit diesem Wissen im Hinterkopf müssen wir uns fragen, wie sich die Gestaltung visueller Elemente hinsichtlich der Wahrnehmbarkeit optimieren lässt. Ein wichtiger Punkt ist sicherlich die Hervorhebung der Einzigartigkeit einer Sache oder eines Sachverhalts. Dies kann z.B. geschehen durch Detaildarstellungen besonderer Merkmale (wenn es sich um ein Objekt handelt), durch farbliche Kontraste oder Tonwertkontraste (hell-dunkel), durch eine auffällige Einrahmung oder Form – z.B. kann ein rundes, ovales oder achteckiges Bild allein durch seine ungewöhnliche Form zum Eyecatcher werden – oder durch begleitende „Präsenzsignale“ wie Logos oder Schriftzüge, die für einen zusätzlichen Hinweis sorgen.

Beispiele für gelungene Präsenzsignale wären das Lacoste-Krokodil oder das rote Levi’s Fähnchen. Visuelle Kommunikation ist also dann erfolgreich, wenn der Betrachter schon anhand weniger Signale versteht, worum es geht. Am besten geschieht dies unbewusst, so dass die persönliche „Firewall“ unterlaufen wird. Muss man erst den gesamten Inhalt einer Werbemaßnahme konsumieren, um eine Vorstellung zu bekommen, dann wird die Botschaft in vielen Fällen gar nicht beim Empfänger ankommen, da der Aufwand für eine inhaltliche Entschlüsselung vergleichsweise hoch ist.

Die richtige Bildsprache finden – ein Fragenkatalog

Wie wir wissen können Bilder durch Emotionalität, Glaubwürdigkeit und einfache Zugänglichkeit eine besondere Ausdruckskraft entfalten. Sie können dazu beitragen, Unternehmen bekannter zu machen und sie von Wettbewerbern abzuheben. Für die Optimierung der Bildsprache ist es wichtig, dass Inhalt, Form und Medium so ausgewählt werden, dass sie zueinander und zur Zielgruppe passen. Sie sollten daher gründlich vorarbeiten, indem Sie klare und schlüssige Antworten auf folgende Fragen finden:

    • Wer kommuniziert mit wem?
    • Welchen Zielgruppen sollen die Bilder gezeigt werden?
    • Welche Botschaft soll mit den Bildern vermittelt werden?
    • Welche Markenwerte sollen bei der Zielgruppe unbedingt ankommen?
    • Gibt es Markenaspekte, die unterbewusst kommuniziert werden sollen?
    • Über welche Kanäle sollen die Bilder ausgeliefert werden?
      z.B. Plakate, Zeitschriften, Tageszeitungen, TV, Kino, Websites, Social Media etc.
    • In welchem sozialen und kulturellen Umfeld sollen die Bilder ausgeliefert werden?
    • In welchem räumlichen Umkreis sollen die Bilder ausgeliefert werden?
      z.B. lokal, regional, überregional, global?
    • In welchen Kulturkreisen funktioniert die gewählte Bildsprache, in welchen muss sie ggf. angepasst werden?
    • Ab wann soll die mediale Auslieferung des Bildmaterials stattfinden?

Wenn diese Fragen beantwortet sind, können Sie damit beginnen, eine Kampagne mit entsprechender Bildsprache zu entwickeln. Dabei ist es hilfreich, auch folgende Tipps zu berücksichtigen.

Weitere Tipps für eine gelungene Bildsprache

    • Klare Strukturen helfen dem Betrachter, die Bildaussage schnell zu erkennen.
    • Der Grundsatz „weniger ist mehr“ gilt häufig auch im Bereich visueller Kommunikation.
    • Es sollten nicht zu viele verschiedene Farben verwendet werden. Die Wirkung kann maximiert werden, indem man sich auf fest definierte „Firmenfarben“ beschränkt.
    • Bilder im Querformat können unsere Augen besser wahrnehmen. Es ist kein Zufall, dass bei Filmen fast immer aufs Querformat gesetzt wird.
    • Auch die Präsentation der Bilder muss stimmen. Gering aufgelöste Bilder eignen sich z.B. für eine Website, nicht aber fürs Kino.
    • Die Bildsprache sollte dem Ruf des Unternehmens und der Branche entsprechen. Zwei Beispiele: Für die Bewerbung sozialer Projekte eignen sich statt Hochglanzfotos eher solche, die authentisch sind und Menschen „ungeschminkt“ zeigen. Will man hingegen Luxusgüter vermarkten, muss aufwendig produziertes Fotomaterial her, das zum Prestige des Produktes passt.
    • Bilder sind dann gut inszeniert, wenn sie beim Beobachter genau die Emotionen und Wünsche auslösen, die intendiert waren.
    • Wenn ein neuer Trend geschaffen und/oder Viralität erzeugt werden soll, dann muss man den Mut haben, sich auszuprobieren, ungewohnte Kameraperspektiven einzunehmen und verschiedene Stilmittel einzusetzen. Um das Risiko des Scheiterns zu minimieren, sollte aber unbedingt ein Testpublikum einbezogen werden.
    • Das konsequente Einhalten einer Bildsprache funktioniert nur dann, wenn entsprechendes Bildmaterial geordnet vorliegt und zentral (cloudbasiert) abgerufen werden kann. Eine professionelle Bildverwaltung kann hier sehr hilfreich sein.

Fazit und Ausblick

Bilder inspirieren, Bilder kommunizieren und Bilder haben Macht. Sie können Emotionen transportieren, die unser Unterbewusstsein ansprechen und noch lange nachwirken. Wobei es eine hohe Kunst ist, Geschichten in aussagekräftigen und bewegenden Bildern zu präsentieren. Man denke z.B. an die eindrucksvollen Versuche, den nicht alphabetisierten Gläubigen des Mittelalters biblische Inhalte visuell zu vermitteln. Heute wird visuelle Kommunikation natürlich in erster Linie für kommerzielle Zwecke eingesetzt. Man sagt, mit Bildern werde der „Charakter“ einer Marke sichtbar gemacht. In jedem Falle eignen sie sich, um den Kern einer Marke herauszubilden und diese dort zu positionieren, wo man sie haben will.

Vermutlich wird der Umfang nonverbaler visueller Elemente bei der Gestaltung von Produkten, Broschüren, Websites und anderer medialer Inhalte weiter zunehmen. Dieser Trend wurde auch in der Wissenschaft erkannt. Analog zur „linguistischen Wende“ spricht man dort von der „ikonischen Wende“. Der Mensch ist eben nicht nur das sprachfähige Wesen, das Texte verfasst und in Sprache denkt, er ist auch das einzige Wesen, das Bildsprachen kennt und sich in einer selbst erzeugten Welt aus Bildern und Symbolen zurechtfinden muss.

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