kollaboratives Arbeiten über mobile Endgeräte - Symbolbild für das digitale Zeitalteristock

Das digitale Zeitalter – eine begriffliche Einordnung

Lesedauer: 8 Minuten

Inhaltsverzeichnis

Der Begriff digitales Zeitalter ist in aller Munde, er begegnet uns überall. Die verschiedenen Berufsgruppen, die sich damit befassen, sind z.B. Wissenschaftler, Lehrkräfte und Studierende aus Fachrichtungen wie Informatik, Technikgeschichte und Kommunikationswissenschaft sowie Softwareentwickler, Medienexperten, IT-Berater oder Sachverständige für Digitalwirtschaft. Sie haben im Gegensatz zu den meisten Laien ein professionelles Verständnis von diesem Begriff.

Ich möchte deshalb heute mit meinem Beitrag ein wenig mehr Klarheit in dieses Thema bringen. Wir sprechen von einem Zeitalter und beschreiben damit einen längeren geschichtlichen Zeitraum, der sich durch besondere Merkmale auszeichnet. Man verwendet dafür auch Begriffe wie Epoche, Ära oder Periode. Das digitale Zeitalter zeichnet sich durch mehrere zentrale Eigenschaften aus, die aus einem Zusammenspiel von Digitalisierung, Vernetzung, Mobilität und Miniaturisierung erklärt werden können.

Vier zentrale Eigenschaften des digitalen Zeitalters

Unter Digitalisierung versteht man die Umwandlung von Informationen in die elektronische Sprache der Bits und Bytes. Liegen die Daten erst einmal digital vor, können sie von Computersystemen weiterverarbeitet werden und durch sachliche Verknüpfung, Interpretation und Bewertung die Grundlage für neues Wissen bilden. Dieser Prozess, der auch als „digitale Wertschöpfung“ bezeichnet wird, ist eine Basistechnologie des digitalen Zeitalters.

Darüber hinaus entsteht auch durch den Austausch digitaler Daten immer wieder neues Wissen mit enormen Möglichkeiten der Wertschöpfung. Damit digitale Kommunikation überhaupt erfolgen kann, mussten natürlich zunächst grundlegende Techniken der Vernetzung erfunden und entwickelt werden. Darunter fällt insbesondere die Nutzung verschiedener Datenübertragungstechnologien über kabelgebundene Netzwerke, später auch zunehmend über Mobilfunknetze. Spätestens seit Mitte der 90er Jahre kennen wir dieses Netzwerk unter der Bezeichnung Internet. Beim Internet handelt es sich natürlich um DAS Kommunikationsmedium des digitalen Zeitalters. Es ist global angelegt, wird über standardisierte Verfahren abgesichert und schließt idealerweise keine politischen, sozialen oder wirtschaftlichen Interessengruppen aus.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Mobilität, die mit digitaler Kommunikation einhergeht. Durch die Möglichkeit mobiler Datennutzung wird die Erstellung und Nutzung digitaler Information räumlich entkoppelt. Von fast jedem Ort aus kann man im digitalen Zeitalter kommunizieren. Diese Mobilität wurde wiederum erst durch die Entwicklung der Miniaturisierung von Computersystemen möglich, d.h. der Verkleinerung hardwaretechnischer Komponenten. Darüber hinaus mussten auch andere Eingabeformen und intuitive Benutzeroberflächen entwickelt werden, die dann insbesondere in Form des Smartphones zur breiten Nutzung mobiler Angebote geführt haben.

Wenn wir vom digitalen Zeitalter sprechen, dann auch deswegen, weil inzwischen jedes Individuum und alle übrigen Teile der Gesellschaft in eine datengetriebene Infrastruktur eingebettet wurden. Private Nutzerdaten, die wir im Netz hinterlassen, wurden Grundlage für neue Märkte und Geschäftsmodelle. Ständig entstehen weitere Social-Media-Plattformen, Messenger-Dienste und digitale Medienkanäle. Nutzergenerierte Inhalte (wie z.B. Memes) bilden eine Informations- und Bilderflut, der sich viele kaum noch entziehen können. In dieser Landschaft können Unternehmen nur überleben, wenn sie sich medial entsprechend professionalisieren (etwa über den Einsatz von KI-basierten DAM-Systemen*).

Dazu ein paar Beispiele und Statistiken: Waren Anfang der 10er Jahre Smartphones, Tablets oder Bordcomputer noch selten und teuer, sind es heute Standardgeräte, die aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken sind. Gleichzeitig ist das World Wide Web so allgegenwärtig, dass im Jahr 2020 bei den 14- bis 49-Jährigen in Deutschland 100 Prozent zu den Internetnutzern gehörten. Selbst bei den 60- bis 69-Jährigen lag der Anteil der Nutzer bei 93 Prozent. Nur bei Personen jenseits der 70 Jahre liegt der Nutzeranteil knapp unter 80 Prozent. Auch die Tatsache, dass der Anteil der Smartphone-Nutzer bei den 12- bis 13-Jährigen schon bei ca. 95 Prozent liegt, überrascht kaum, bringt aber die Verpflichtung mit sich, Kinder sowohl eigenverantwortlich als auch in der Schule auf die digitale Welt vorzubereiten.

* Die Abkürzung DAM steht für Digital Asset Management.

Die vier Entwicklungsstufen

Das Zeitalter globaler Digitalisierung kann grob in vier Evolutionsstufen eingeteilt werden:

  • Die erste Stufe dauerte von ca. 1990 bis 2000 und betraf zunächst die Vernetzung stationärer Computer (Webserver und PCs), über die sich nach und nach das kommerzielle Internet entwickelte.
  • Während der zweiten Evolutionsstufe von ca. 2000 bis ca. 2015 stieg die allgemeine Akzeptanz des Internets signifikant, mobile Geräte wurden in die tägliche Nutzung eingeführt und kollaborative Anwendungen popularisiert (Stichwort Web 2.0).
  • Die nun stattfindende dritte Evolutionsstufe, die laut Experten bis ca. 2030 dauern könnte, betrifft die allgemeine Reife der Systeme, das Internet der Dinge und Blockchain-Anwendungen.
  • Künstliche Intelligenz in Form selbstlernender Algorithmen könnte uns dann zur letzten Stufe führen. Diese stünde für eine vollkommene, d.h. allumfassende Verschmelzung von realer und digitaler Welt. Ob ein solcher Zustand bereits in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts eintreten wird? Die Antwort darauf wäre höchst spekulativ.

Die Errungenschaften des digitalen Zeitalters, bestehende wie kommende, beeinflussen alles, was wir tun, in einem so signifikanten Maße, dass sich niemand den Konsequenzen entziehen kann. Die Infrastruktur dafür wurde in Teilen bereits während der ersten Evolutionsstufe entwickelt, stand aber nicht sofort standardisiert und weltweit zuverlässig zur Verfügung. Heute sind wir so weit, dass die globalisierte Welt und ihre wirtschaftlichen Strukturen der Digitalisierung voll und ganz unterworfen sind. Wenn man als Unternehmen von diesen Prozessen profitieren möchte, sollte man den Grundsatz „die Schnellen fressen die Langsamen“ nie vergessen. Wer zu lange zögert, ist binnen kürzester Zeit vom Markt verschwunden. Man denke nur an Nokia: 2011 noch Marktführer bei Mobiltelefonen, vergingen bis zum vollständigen Rückzug aus der Handy-Sparte nur drei Jahre. Man hatte schlicht und einfach zu spät auf Smartphones gesetzt.

Symbolbild digitaler Wandel - Samsung Galaxy S10 versus Nokia 3310

Samsung Galaxy S10 vs. Nokia 3310 – rund 20 Jahre liegen dazwischen.

Chancen und Bürden des digitalen Zeitalters

Eine weitere grundlegende Eigenschaft (und Bürde) des digitalen Zeitalters ist die ständige Verfügbarkeit. Zeit und Raum sind dadurch zur Nebensächlichkeit geworden. Immer kann gehandelt, kommuniziert und gearbeitet werden, egal, wo man sich gerade befindet: im Büro, im Home-Office, unterwegs, im Urlaub oder auch „Full Remote“. Das bedeutet enorme Flexibilität für den beruflichen Alltag, kann aber auch zu Vereinsamung, Schlafstörungen und anderen Belastungen von Geist und Körper führen.

Das sind sie also, die unendlichen Möglichkeiten von Digitalisierung und Vernetzung, von Informationsaustausch und globaler Kollaboration. Wir wissen genau, dass jeder dieser Errungenschaften positive und negative Folgen für den Einzelnen haben kann. Menschen werden im Internet reich, bilden sich weiter, tauschen Ideen aus, treffen auf Gleichgesinnte und finden manchmal sogar die große Liebe; gleichzeitig wird so mancher überwacht, ausspioniert, süchtig gemacht, betrogen, belogen, manipuliert oder schikaniert. Es geschehen dort also die gleichen Dinge wie in der realen Welt, wobei diese Trennung eine künstliche ist. Das Internet ist aus physikalischer Sicht natürlich schon immer Teil der realen Welt. Unabhängig davon sagen Computerfreaks sowieso lieber „going afk“ (away from keyboard) statt „going real life“, eben weil die digitale Welt auch gefühlt Teil oder sogar Mittelpunkt ihres „wirklichen Lebens“ ist.

Die weitere Entwicklung

Große Entwicklungen stehen schon in naher Zukunft an. Durch Satellitennetzwerke wie Starlink werden mobile Breitbandanbindungen selbst in entlegensten Weltregionen möglich sein. Taxifahrten in autonomen Fahrzeugen dürften zur Selbstverständlichkeit werden. Die fortwährende Miniaturisierung von Infrastruktur und Hardware wird u.a. dem Internet der Dinge und der Robotik einen Boost verschaffen – und weitere Basisinnovationen sind nach Einschätzung von Wirtschafts- und Zukunftsforschern in den Bereichen Gesundheit und Biotechnologie zu erwarten. So viel ist sicher: alle Bereiche unseres Lebens, egal ob sozialer oder wirtschaftlicher Natur, werden davon betroffen sein.

Ein Motor für Innovation

Aber greifen wir nicht zu weit voraus und gehen noch einmal zurück zum Status Quo: Schon jetzt ist es so, dass die komplexe Infrastruktur des Internets immer wieder neue Innovationen erforderlich macht, die dann auch innerhalb anderer Netzwerke genutzt werden. Die virtuellen Grenzen zwischen Internet und Intranet, Darknet und Clearnet müssen daher immer wieder neu gezogen und abgesichert werden. Das Netz insgesamt wächst zumindest metaphorisch wie ein lebendiger Organismus. Durch Konkurrenzdruck und Innovation entstehen ständig neue Allianzen und symbiotische Beziehungen: Produktentwickler sind stets auf der Suche nach der besten Vertriebsplattform, Business-Kunden und Lieferanten werden wie selbstverständlich zu Netzwerkpartnern, Konzerne vernetzen sich mit Forschungseinrichtungen, und auch kriminelle Bündnisse (z.B. aus Drogenhändler und Hacker) kommen natürlich zustande. Alle verfolgen sie durchaus ähnliche Ziele. Genannt seien nur die wichtigsten: günstige Vertriebswege finden, neue Produkte entwickeln und optimieren, Produktionskosten reduzieren, Profite maximieren.

Die Mittel zum Erreichen dieser Ziele sind oft verwerflich, die Ziele selbst sind es nicht. So wird nun mal der Motor einer funktionierenden Wirtschaft angetrieben. Innovationen müssen sich lohnen, auch monetär. Schließlich sind sie gerade im Bereich der Informationstechnik entscheidend für die weitere technologische Entwicklung; sie definieren die Geschwindigkeit der weiteren Durchdringung von realer und digitaler Welt. Ein Prozess, der nicht mehr aufzuhalten ist.

Quellen

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